Wohnen
Amtsgericht München erklärt Mietpreisbremse für unwirksam
Wohnungen in München

Mit der Mietpreisbremse sollten die stark steigenden Mieten bekämpft werden.
Ein Amtsrichter hat erklärt, die Mietpreisbremse sei in München nichtig. Die Staatsregierung habe Fehler bei der Umsetzung des Bundesgesetzes gemacht. Die Kläger argumentierten, dass ihre Miete in der Maxvorstadt durch die Mietpreisbremse niedriger sein müsse. Das Justizministerium arbeitet bereits an einer Neufassung des Gesetzes, um mögliche Unsicherheiten künftig zu vermeiden.

Von Anna Hoben

Fast zwei Jahre ist es her, dass die Mietpreisbremse in Bayern in Kraft getreten ist. Erleichterungen für Mieter hat die Regelung seither nicht wirklich gebracht – zu viele Ausnahmen birgt das Gesetz, zu viele Schlupflöcher für Vermieter. Wer in München eine Wohnung gefunden hat, ist zudem in der Regel meist nur froh und will sich nicht gleich mit dem Vermieter anlegen.

Zwei Mieter aus der Maxvorstadt haben es trotzdem getan und sind vors Amtsgericht gezogen. Der zuständige Richter Christian Stadt hat ihre Klage nun teilweise abgewiesen – mit der Begründung, dass der Freistaat bei der Umsetzung des Gesetzes Fehler gemacht habe. Die Mietpreisbremse sei in München nichtig.

Die Kläger wohnen seit Juni 2016 in einer 100-Quadratmeter-Wohnung in der Erzgießereistraße und bezahlen 20 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Laut Mietspiegel liegt die ortsübliche Vergleichsmiete jedoch nur bei 13,78 Euro. Und laut Mietpreisbremse darf die Miete höchstens zehn Prozent darüber liegen. Der Vermieter dürfe also statt 2000 Euro nur 1516 Euro verlangen, argumentierten die Kläger und forderten unter anderem Auskunft über die Höhe der Vormiete ein – denn davon hängt ab, ob die Bremse greift.
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Die Mietpreisbremse ist Bundesgesetz, ihre Umsetzung allerdings Ländersache. Für die Dauer von fünf Jahren können die Landesregierungen Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmen. Das Gesetz sieht eine Begründung vor, warum der Wohnungsmarkt dort jeweils besonders angespannt ist: „Aus der Begründung muss sich ergeben, aufgrund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt.“

Diese Vorgabe erfülle die bayerische Verordnung in Bezug auf München nicht, heißt es in der Urteilsbegründung vom Amtsgericht. „Welche Tatsachen für München als dem größten und wichtigsten Mietmarkt Bayerns in die Bewertung der Landesregierung eingeflossen sind, lässt sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen.“ Der Richter verweist auf eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom April, der diese Mängel ebenfalls benannt habe.

Der Haus- und Grundbesitzerverein München reklamierte das Urteil am Mittwoch als Sieg für sich. „Amtsgericht München kippt Mietpreisbremse“, so betitelte er vollmundig eine Pressemitteilung. Dem Mieterschutzinstrument sei dadurch „in Bayern ein vorzeitiges Ende bereitet“ worden. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig, die Kläger können innerhalb eines Monats Berufung einlegen.
Der Mieterverein will Rechtssicherheit

Der Mieterverein München, der die Kläger beraten hatte, kündigte indes an, mit seinem Mitglied in die nächste Instanz zu gehen. „Da muss sehr schnell Rechtssicherheit her“, sagte die Vorsitzende Beatrix Zurek. „Es muss für alle klar sein, ob die Mietpreisbremse gilt oder nicht.“ Sollte das Urteil Bestand haben, müsse der Freistaat „schnellstens seine Hausaufgaben machen und seine fehlerhafte Begründung korrigieren. An dem Bundesgesetz besteht ja kein Zweifel. Es muss nur ordentlich umgesetzt werden.“

Laut Geschäftsführer Volker Rastätter berät der Mieterverein derzeit etwa 20 weitere Mitglieder in Bezug auf die Mietpreisbremse. Gerade sei etwas Schwung in die Sache gekommen, hätten sich mehr Mieter getraut, aufzubegehren. „Und jetzt wird das wieder gestoppt.“ Bisher hat es am Amtsgericht zwei Urteile gegeben, in denen die Mietpreisbremse angewendet wurde, eines davon ist bereits rechtskräftig. Vier weitere Verfahren laufen noch.

Welche Auffassung die nächste gerichtliche Instanz vertritt, darauf wollen manche nicht warten. Die Münchner SPD fordert von der Staatsregierung eine sofortige Nachbesserung.

Genau die sei längst in Arbeit, teilt das bayerische Justizministerium auf Anfrage mit. Das Urteil des Amtsgerichts wirke sich zwar nur auf die Beteiligten des Verfahrens aus. Man habe aber bereits die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom April zum Anlass genommen, eine Neufassung der Preisbremse in die Wege zu leiten.

Die Verordnung soll mit einer „noch ausführlicheren, auf die einzelnen Gemeinden eingehenden Begründung neu erlassen werden“, teilte eine Sprecherin des Justizministeriums am Mittwochabend schriftlich mit. Das erklärte Ziel sei, künftig mögliche Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Der Erlass der neuen Mieterschutzverordnung solle bereits im Juli erfolgen.

(Artikel aus der SZ, 21.07.2017 – über XING)